Illustration von Fabiola Gianotti und William Gilbert

G – Fabiola Gianotti und William Gilbert | Von A bis Z: 48 Forschende, die die Welt veränderten

Von LET’S TECH am 11.05.2021

Keiner der beiden hatte es geplant, in die Physik zu gehen: Fabiola Gianotti wäre fast Pianistin geworden, und William Gilbert war als Arzt tätig. Aber Naturwissenschaft und Kunst müssen sich genausowenig ausschließen wie Physik und Medizin. Hier erfährst du, wie Fabiola Gianotti und William Gilbert verschiedene Welten verbinden – die dann vielleicht doch gar nicht so verschieden sind.
Illustration von Fabiola Gianotti
Fabiola Gianotti: Die Geisteswissenschaftlerin, die dann doch in der Technik landete.

Fabiola Gianotti: Teilchenphysikerin und CERN-Generaldirektorin

Fabiola Gianotti kam am 29. Oktober 1960 in der italienischen Hauptstadt Rom zur Welt. Ihr Vater war Geologe und gab seine Begeisterung für die Natur bereits früh an seine Tochter weiter. Als kleines Mädchen wollte Fabiola eigentlich Balletttänzerin werden, studierte nach der Schule aber Geisteswissenschaften und Musik mit besonderem Fokus auf Philosophie und Piano.

Die Faszination der Teilchen: Statt auf dem Piano spielt Fabiola Gianotti nun im CERN ganz oben mit

Die Italienerin war auf dem besten Weg dazu, eine klassische Pianistin zu werden, als sie beschloss, einen anderen Weg einzuschlagen. Eine Biografie über Marie Curie inspirierte sie dazu, in die Physik zu gehen. 1989 bekam sie den PhD in experimenteller Teilchenphysik an der Universität Mailand verliehen.

1994 begann Fabiola Gianotti ihre Karriere am CERN in der Schweiz. Von den rund 2.500 Forschenden an dieser Einrichtung sind nur etwa 12 Prozent Frauen – trotzdem konnte sich die Physikerin in Führungspositionen hocharbeiten. Nach der Beteiligung an verschiedenen Forschungsprojekten wurde sie 2009 zur Leiterin des ATLAS-Projekts ernannt.

Ziel des Projekts war es, die Existenz des Higgs-Bosons nachzuweisen. Das Higgs-Boson ist ein besonders wichtiges Elementarteilchen, denn es ist dafür verantwortlich, dass andere Elementarteilchen wie Quarks und Elektronen zusammenhalten. Insgesamt waren an ATLAS mehrere tausend Physiker aus zahlreichen Ländern beteiligt. Mit ihrer Arbeit waren sie äußerst erfolgreich: 2012 verkündete Fabiola Gianotti die Entdeckung des Higgs-Bosons.

Die Kombi macht's: Fabiola Gianotti betont die Gemeinsamkeiten von Wissenschaft und Kunst

Den nächsten Meilenstein in ihrer Karriere erreichte Fabiola Gianotti 2016: Die Italienerin wurde die erste Generaldirektorin des CERN. Davor bekleideten nur Männer in den 65 Jahren seit der Gründung der Einrichtung diese Position. Bis heute ist die Physikerin als Generaldirektorin tätig.

Für ihre großartigen Leistungen wurde Gianotti mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Enrico-Fermi-Preis, der Ehrenmedaille des Niels-Bohr-Instituts und dem Breakthrough Prize in Fundamental Physics. Die Physikerin betonte mehrfach, dass ihre Ausbildung in Geisteswissenschaften und Musik ihre Arbeit als Teilchenphysikerin positiv beeinflusst. Für sie seien Wissenschaft und Kunst keine getrennten Bereiche, sondern die höchsten Ausdrucksformen von Kreativität und Neugierde.

Fabiola Gianotti ist eine engagierte Vertreterin von Open Science und tritt für einen offenen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen sowie Hardware- und Softwareentwicklungen ein. Vor allem Menschen in weniger privilegierten Ländern und Positionen sollen dadurch in den Forschungsprozess eingebunden werden.

Fotografie von Fabiola Gianotti
Die erste Generaldirektorin des CERN? Das war – und ist! – Fabiola Gianotti. | Quelle: Wikimedia – Maximilien Brice (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode)

Fabiola Gianotti zeigt: Familie und Karriere müssen sich nicht ausschließen!

Ihre hohe Position nutzt die Italienerin, um vor allem Frauen zu unterstützten, die in der Forschung arbeiten, und setzt sich dafür ein, dass Mütter eine wissenschaftliche Karriere mit Familie vereinbaren können. Durch ihre erfolgreiche Karriere und ihre hohe Position ist sie selbst mittlerweile ein Vorbild für junge Frauen, die in die Wissenschaft gehen.

Illustration von William Gilbert
Magneten und ihre Anziehungskraft: Auf William Gilbert wirkten sie wohl besonders anziehend.

William Gilbert: Der Arzt, der die Elektrizitätslehre begründete

William Gilbert wurde am 24. Mai 1544 als Sohn eines Stadtrichters in Colchester, England, geboren. Mit 18 Jahren begann er sein Medizinstudium am St. John’s College der Cambridge University, das er 1569 mit dem Doktortitel abschloss. Nach seinem Studienabschluss bereiste er Frankreich, Italien und die Niederlande, bevor er 1573 nach London zog.

Experimentierfreudig: William Gilbert und der Magnetismus

Neben seiner Tätigkeit als praktizierender Arzt stellte Gilbert auch zahlreiche Forschungen im Bereich der Physik an. Er war der erste Forschende, der mit verschiedenen Experimenten systematisch die Eigenschaften magnetischer Erze untersuchte. Dadurch widerlegte er verschiedene Mythen zum Magnetismus, wie etwa dass Knoblauch den magnetischen Effekt aussetzen würde.

1600 veröffentlichte Gilbert sein heute bekanntestes Werk „Über den Magneten, Magnetische Körper und den großen Magneten Erde“. Darin sammelte er all seine Erkenntnisse zum Thema Magnetismus. Der Arzt machte als erste Person einen eindeutigen Unterschied zwischen Magnetismus und statischer Elektrizität. Er war auch der Erste, der die Erde als Magnet mit zwei Polen beschrieb und erkannte, dass Kompassnadeln auf den Nordpol zeigen. Bis dahin dachte man, Kompassnadeln würden sich nach dem Polarstern ausrichten.

Schon zu Lebzeiten bekannt: Was William Gilberts mit Queen Elizabeth zu tun hatte

Seine naturwissenschaftlichen Untersuchungen machten Gilbert sehr bekannt, und er wurde 1601 zum Leibarzt von Königin Elizabeth I. ernannt. Diese Stelle hatte er auch unter ihrem Nachfolger, König James I., bis zu seinem eigenen Tod inne. Der Arzt starb am 10. Dezember 1603, vermutlich an der Pest. Da er keine Nachkommen hatte, hinterließ er seine Forschungsinstrumente und seine Bücher dem Royal College of Physicians. Allerdings wurde alles 1666 während des großen Feuers von London zerstört. Gilberts Grabmal kann man noch heute in seiner Geburtsstadt Colchester besichtigen.

Durch seine Arbeit und die Einführung der Begriffe „elektrische Anziehungskraft“, „elektrische Kraft“ und „magnetische Pole“ gilt William Gilbert als Begründer der Elektrizitätslehre. Für seine besonderen Verdienste wurde nach ihm das Gilbert, eine Einheit für die magnetische Spannung, benannt. Außerdem trägt der Mount Gilbert, ein Berg in der Antarktis, seinen Namen, ebenso wie der William Gilbert Award, ein Forschungspreis im Bereich des Paläo- und Geomagnetismus.

Gemälde von William Gilbert
Ehrfurcht, wem Ehrfurcht gebührt: William Gilbert war als Arzt sogar für die Royals tätig. | Quelle: Wikimedia (lizenzfrei)

Quellenverzeichnis

CERN (o.J.): Fabiola Gianotti (born in 1960, Italian), [online] https://home.cern/about/who-we-are/our-people/biographies/fabiola-gianotti-born-1960-italian [18.04.2019].

Humansofscience.org (2018): Doctor Fabiola Gianotti on being the first female director of the greatest fundamental science experiment on earth, [online] https://www.humans-of-science.org/single-post/2018/01/30/Doctor-Fabiola-Gianotti-on-being-the-first-female-director-of-the-greatest-fundamental-science-experiment-on-earth [18.04.2019].

The New York Times (2018): A Celebrated Physicist With a Passion for Music, [online] https://www.nytimes.com/2018/03/07/science/fabiola-gianotti-physics-cern.html [18.04.2019].

The Galileo Project (1995): William Gilbert (1544-1603), [online] http://galileo.rice.edu/sci/gilbert.html [24.04.2019].

BBC History (o.J.): William Gilbert (1544-1603), [online] http://www.bbc.co.uk/history/historic_figures/gilbert_william.shtml [24.04.2019].

Enceclopaedia Britannica (o.J.): William Gilbert, [online] https://www.britannica.com/biography/William-Gilbert [24.04.2019].

Jäger, Kurt (1996): Gilbert, William, in: Kurt Jäger (Hrsg.), Lexikon der Elektrotechniker, Berlin und Offenbach: VDE-VERLAG, S. 143.

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